In vier Schritten zum Feministen
Shownotes
Martin Speer ist Feminist und überzeugter Europäer. Zusammen mit Vincent-Immanuel Herr bildet er das Autoren- und Beraterduo Herr&Speer. Mit Vincent und fünf anderen Autor:innen hat Martin “Das Buch, das jeder Mann lesen sollte” geschrieben. Der Untertitel lautet: “In vier Schritten zum Feministen”.
Julia Hägele, Chefredakteurin von herCAREER hat beim Authors-MeetUp auf der herCAREER Expo 2023 mit Martin unter anderem darüber gesprochen, wie das Thema Geschlechtergerechtigkeit auch außerhalb einer akademischen Bubble Anklang finden kann und warum Feminismus keine reine Angelegenheit der Frauen ist.
Themen: Geschlechtergerechtigkeit | Europa | Allyship
Über den Podcast der herCAREER: Im Podcast herCAREER Voice kommen Menschen zu Wort, denen eine vielfältige und gerechte Arbeitswelt am Herzen liegt – von der herCAREER Expo live und aus der herCAREER Community. Wir sprechen über weibliche Erfahrungen, Karrieren und Herausforderungen sowie darüber, wie wir Berufs- und Privatleben gut vereinbaren können. www.her-career.com/podcast
The herCAREER Voice podcast features people who care about a diverse and equitable workplace - from the herCAREER Expo live and from the herCAREER community. We talk about female experiences, careers and challenges, as well as how to achieve a good work-life balance. www.her-career.com/en/podcast
herCAREER Voice ist eine Produktion von hauseins für herCAREER – die Plattform für die weibliche Karriere. Projektleitung: Natascha Hoffner Produktion: Miku Sophie Kühmel Redaktion und Sprecherin: Julia Hägele
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herCareer Voice Live mit Martin Speer
00: 00:00-0 Martin Speer: Wenn uns die Wissenschaft leider relativ gut sagt, dass Männer in der Tendenz Männern besser zuhören oft, ist das der Schlüssel, dass Männer zu anderen Männern beim Thema Feminismus eine Brücke bauen können, die Tür aufmachen können. Aber sozusagen nicht dann das unter sich ausklüngeln, sondern sagen, hey es ist wichtig, lasst uns da offener sein und lasst uns das gemeinsam voranbringen. Und vielleicht ist die Rolle von Männern im Feminismus vielleicht mit einer gewissen Demut Brücken zu anderen Männern zu bauen, aber auch wissen wo die Grenze ist.
00: 00:35-1 *Musik*
00: 00:41-9 Julia Hägele: Herzlich willkommen beim herCareer Voice Podcast. Hier kommen Menschen zu Wort, die sich für eine vielfältige und gerechte Arbeitswelt einsetzen. Von der herCAREER-Expo live und aus der herCAREER-Community.
00: Martin Speer ist Feminist und überzeugter Europäer. Zusammen mit Vincent-Immanuel Herr bildet er das Autoren- und Beraterduo Herr und Speer. Mit Vincent und fünf anderen Autorinnen hat Martin „Das Buch, das jeder Mann lesen sollte“ geschrieben. Der Untertitel lautet „In vier Schritten zum Feministen“. Ich bin Julia Hägele von herCAREER. Beim Autors-Meetup auf der herCAREER-Expo 2023 habe ich mit Martin unter anderem darüber gesprochen, wie das Thema Geschlechtergerechtigkeit auch außerhalb einer akademischen Bubble Anklang finden kann und warum Feminismus keine reine Angelegenheit der Frauen ist.
00: 01:33-3 *Musik*
00: 01:39-7 Julia Hägele: In vier Schritten zum Feministen. An wen richtet sich dieses Buch denn primär?
00: 01:45-9 Martin Speer: Also eigentlich ist das Buch, erst mal hallo in die Runde, von uns in einem Team von Frauen und Männern zusammen geschrieben, weil uns die Frage umgetrieben hat, warum bei diesem Thema so viele Männer glauben, geht mich nichts an, ich weiß nicht wie ich Teil der Lösung sein kann. Und ich glaube, viele Männer haben viele Fragen dem Feminismus gegenüber, der Geschlechtergerechtigkeit gegenüber und ringen so mit ihrer eigenen Rolle. Und wir beschäftigen uns schon ein paar Jahre mit dem Thema, aber irgendwann war uns klar, wir wollen mal einen ein bisschen größeren Text dazu liefern und er richtet sich primär an Männer, aber das erstaunliche ist, das Buch wird meistens von Frauen gekauft, die es ihren Männern schenken. So, bitte lies das doch mal. Den Geschirrspüler bitte nicht nur auf Nachfrage ausräumen, sondern proaktiv. Und was hat das mit Sorgearbeit zu tun? Lies das mal. Und wir würden uns, glaube ich, wünschen, dass mehr Männer so aus sich heraus verstehen, das Thema ist wichtig, es geht mich was an und ich kann eine Rolle darin spielen.
00: 02:52-0 Julia Hägele: Verstehe. Jetzt würde uns natürlich interessieren, was diese vier Schritte sind. Kannst du uns die näher erklären?
00: 02:58-5 Martin Speer: Ja. Also in dem Buch spielen vier Schritte so eine ziemlich zentrale Rolle. Wir nennen ihn so ein bisschen den feministischen Fortschrittszyklus für Männer. Und der bedeutet oder hat vier Schritte, zuhören, lernen, reflektieren und handeln. Und ich bin jetzt selber irgendwie als Mann in Mittelfranken auf dem Land aufgewachsen. Ganz oft dachte ich, es beginnt mit dem Handeln und dann höre ich zu. Also zuhören steht am Anfang, weil ich glaube, dass das der Anfang von allem ist. Dann lernen, all die Information, die ich brauche, ist da draußen, aber ich muss sie halt auch suchen. Reflektieren ist, was hat das mit meinem Leben zu tun? Weiß ich nicht, der Care-Gap was hat das mit mir zu tun? Und handeln ist dann, okay was bedeutet das für mich? Was bedeutet das für meine Beziehung, was bedeutet das im Job, was bedeutet das, wieviel Raum ich einnehme? All solche Dinge.
00: 03:58-9 Julia Hägele: Liebes Publikum, im Laufe unseres Gesprächs dürft ihr auch gerne Fragen stellen, nur das schon mal, falls sich welche bilden, könnt ihr sie gerne später stellen, ich komme noch mal drauf zurück. Kannst du uns ein bisschen was über den Schreibprozess erzählen? Denn ein Buch zu siebt schreiben stelle ich mir recht herausfordernd vor.
00: 04:16-1 Martin Speer: Also es war auch nicht immer einfach. Wir sind sieben Personen aus vier verschiedenen Ländern. Also das Buch wurde im Original auf Englisch geschrieben und dann die Deutschen von uns haben das auch mit dem Verlag rückübersetzt. Und irgendwie war das Spannende in dem Prozess, wir haben uns an drei Schreibwochenenden getroffen, das am Anfang dieses Buches eigentlich das Gespräch zwischen uns Frauen und Männern stand und wir super ehrliche Momente hatten. Also wir sehr ehrlich geteilt haben, was uns bewegt, wie sich bestimmte Dinge nachts auf der Straße anfühlen. Wie es sich für uns Männer anfühlt, in rein männlichen Gruppen zu sein und seinen Mann zu stehen. Warum lassen wir keine Schwäche zu? Viele solche Aspekte. Und eigentlich ist dieses Buch aus diesem Dialog entstanden und dann waren wir dann doch durchaus auch diszipliniert, haben das strukturiert, haben wie kleine Arbeitspakete verteilt, dann wieder rückgetauscht und so ist am Ende ein Text draus geworden, der einerseits wie so einen roten Faden hat, und immer unterbrochen ist auch von persönlichen Geschichten, Beobachtungen oder auch Dialogen.
00: 05:29-9 Julia Hägele: Warum ist Feminismus eigentlich keine reine Angelegenheit der Frauen? Oder etwas provokativer gefragt, wieso müssen wir uns Feminismus von Männern erklären lassen?
00: 05:43-9 Martin Speer: Die Frage bekommen wir tatsächlich manchmal. Ich glaube, eines steht außer Frage, also das ist ein kleiner Beitrag zu einer Geschichte, die viel größer ist als wir, in dem viele Frauen bis heute mit viel mehr Energie und Schmerz kämpfen müssen als wir. Weiß nicht, wenn Vincent Herr und ich ein Spiegel-Artikel schreiben und irgendwie Männern sagen, werdet bei bestimmten Themen mal offener, dann bekommen wir, obwohl wir manchmal ähnliche Thesen vertreten wie Feministinnen, ein Viertel der Hasskommentare. Also es gibt eine riesige Ungleichheit, wer so ein bisschen der Absender ist. Aber vielleicht ist das genau auch, vielleicht steckt darin auch ein Schlüssel. Also wenn uns die Wissenschaft leider relativ gut sagt, dass Männer in der Tendenz Männern besser zuhören oft, ist das vielleicht ein Schlüssel, dass Männer zu anderen Männern beim Thema Feminismus eine Brück bauen können, die Tür aufmachen können. Aber sozusagen nicht das dann unter sich ausklüngeln, sondern sagen, hey es ist wichtig, lasst uns da offener sein und lasst uns das gemeinsam voranbringen. Und vielleicht ist die Rolle von Männern im Feminismus, vielleicht mit einer gewissen Demut Brücken zu anderen Männern zu bauen, aber auch wissen wo die Grenze ist.
00: 07:06-6 Julia Hägele: Verstehe. Das heißt, wenn es eine Sache gäbe, die Männer tatsächlich besser könnten als Frauen in diesem Kontext, dann wäre es der Zugang zu den arg verhärteten Meinungen vielleicht.
00: 07:17-9 Martin Speer: Ja, also wir arbeiten regelmäßig mit Unternehmen oder gehen in Ministerien und eigentlich werden wir dann angerufen, wenn Gleichstellungsbeauftragte sagen, hey wir kommen nur an einen Teil der Führungsmannschaft oder bei dem Thema werden die Augen verdreht oder es landet ganz am Ende der Agenda, obwohl das eigentlich ins Zentrum gehört. Und da können wir manchmal vielleicht einfach wie so eine Hilfe sein oder den Kerlen sagen, Jungs, das ist hier kein Nebenthema, das ist zentral und aus den und den Gründen hat das was mit euch zu tun und hey für uns auch als Männer war es auch nicht einfach, den Weg zu diesem Thema zu finden, aber geht ihn, das lohnt sich und versteht, dass das ganz viel mit euch zu tun hat. Man muss sich ja nur mal überlegen, genau es ist die herCAREER, aber ich bin trotzdem erstaunt, wie wenig Männer hier sind, fast als würden sie denken, das geht mich nichts an, Geschlechtergerechtigkeit müssen andere lösen. Und ich finde, Jutta Allmendinger hat das mal so schön gesagt, es geht nur gemeinsam und ich würde mir wünschen, dass mehr Männer das nicht nur mit dem Kopf, sondern auch mit dem Herz verstehen.
00: 08:30-4 Julia Hägele: Wenn ihr als Beraterduo Herr und Speer unterwegs seid, dann sprecht ihr manchmal ausschließlich mit Männern, so dass sie sich ein bisschen mehr öffnen und vielleicht auch mal ihre Sorgen und Ängste teilen, ohne die Sorge, gleich verurteilt zu werden. Kannst du uns da ein bisschen erzählen, was die Männer in diesen geschlossenen Runden bewegt?
00: 08:49-7 Martin Speer: Also was erst mal krass ist, wie sich eine Atmosphäre verändert, wenn die letzte Frau den Raum verlässt. Was dann fast noch mal für eine andere Ebene des Gesprächs entsteht oder wie sehr dann Sachen rauskommen, wo wir uns wünschen würden, sie würden nicht mehr gesagt werden. Also was wir beobachten und das zeigt ja auch die Wissenschaft, ist, dass… wir haben vielleicht manchmal lange geglaubt, das wächst sich irgendwie raus das Problem und jetzt müssen diese alten Dudes weg sein und dann wird alles besser, aber was uns Zahlen sagen, wie auch unter 35-Jährige denken, ist nicht erbaulich so. Und ich glaube, es braucht manchmal diese sicheren Räume, dass diese Vorurteile, diese Ängste, diese Stereotypen auch ausgesprochen werden können, weil nur dann kann man mit ihnen arbeiten und deswegen haben vielleicht solche Safe Spaces auch ihren Wert, nur ist halt wichtig, rechtzeitig die Tür wieder aufzumachen, weil es ist jetzt nicht super, wenn es so einen pink angestrichenen Males Club jetzt gibt, der jetzt glaubt, er löst hier den Feminismus, sondern es kann vielleicht helfen, die Schmerzpunkte sichtbar zu machen, die zu moderieren, die aufzunehmen und dann aber die Tür auch wieder aufzumachen.
00: 10:09-5 Julia Hägele: Und hast du ein konkretes Beispiel, was die Männer so besorgt?
00: 10:15-1 Martin Speer: Also ich glaube, und das zeigen auch Zahlen, wie die neue Vermächtnisstudie der Zeit, der Anteil von Männern, die Angst haben, ihren Chef, männlichen Chef, nach mehr als zwei bis drei Monaten Elternzeit zu fragen, ist erschreckend hoch. Also das Thema Ängste, fehlender Mut, Angst vor dem Karriereknick, ich will nicht, dass mir das passiert, was vielen Frauen passiert, Teilzeitfalle, das ist bei vielen Männern präsent und die haben Angst vor den anderen, ich überspitze das jetzt ein bisschen, aber Angst vor den anderen Männern im Unternehmen und das Ringen mit der eigenen Rolle. Ich glaube, manchmal fehlt es an progressiven Männern, die positive Rolemodels sind, die zeigen, es geht auch anders, ohne dass du deine Männlichkeit verlierst, sie ist halt anders, sie hat eine andere Schattierung, aber sie ist auch zugleich viel größer, du kannst viel entspannter sein. Und eine Mehrheit der deutschen Väter sagt ja tatsächlich, wir würden uns gerne mehr wünschen, mehr Zeit mit unseren Kindern zu verbringen, aber sie tun es nicht, sie nehmen nicht mehr Elternzeit, sie fordern es nicht ein, sie streiten nicht in der Politik dafür, sie ducken sich weg und da hast du dann solche Manager bis in die oberste Riege in diesen Workshops sitzen und manchmal denkst du so, du musst echt mal mit deiner Emotion arbeiten und auf deiner Visitenkarte hast du so ein Ego, aber es ist wahnsinnig fragil. Und ich glaube, darin liegt auch eine Gefahr und deswegen ist vielleicht eine entscheidende Zeit auch, in der wir leben.
00: 11:53-2 Julia Hägele: Verstehe. Gibt es hier an dieser Stelle schon Fragen an Martin? Hier hinten.
00: 12:00-6 Fragestellerin: Danke schön. Die Frage mit dem fragilen Ego, hast du vielleicht einen Tipp oder Erfahrungen, wie ich als Frau auf Menschen, Männer mit fragilem Ego zugehe, mein Thema anbringe, ohne dass ich gleich hier als die zickige Emanze abgestempelt werde? Oder ohne dass die Augen verdreht werden.
00: 12:20-4 Martin Speer: Jetzt bringst du mich in eine schwierige Lage, es wurde nämlich gesagt, Männer und Feminismus übernehmen, ich würde fast sagen, also andere hier im Publikum sind vielleicht qualifizierter dir die Frage zu beantworten. Also vielleicht hat jemand hier noch eine Perspektive drauf. Was wir so ein bisschen festgestellt haben, was als Rezept ein bisschen funktioniert, ist, wenn du es eigentlich persönlich machst. Ich glaube, ganz viele Männer glauben, ja sei es bei Fragen von Gewalt oder Sorgearbeit, das findet in einem anderen Milieu statt, in einem anderen Stadtteil, aber es betrifft nicht die Frauen in meiner engsten Umgebung. Meine Kollegin, die ich mag, meine Schwester. Aber wenn man irgendwie es schafft, das persönlich zu machen, das ist keine abstrakte Spiegelstatistik, dass das tägliche Leben deiner Kollegin, die im Winter nach 17 Uhr vom Bürogebäude zum Parkplatz geht und ein anderes Gefühl hat als du. Warum geht die weniger gerne als du auf Dienstreise? So was haben die gar nicht auf dem Schirm. Und das persönlich zu machen, konkret zu machen, ein Beispiel zu bringen, wie sich ein Parkhaus nachts für mich anders anfühlt als für andere vielleicht hier, diese Nuancen sind vielen gar nicht bewusst. Und diese Beispiele merken wir immer, die sorgen für so Aha-Momente und ach so krass, darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht, vielleicht das so ein bisschen als Idee.
00: 13:49-1 Julia Hägele: Möchte jemand hierzu noch gleich was sagen, ansonsten gerne später. Ihr setzt euch ein für Male Allyship, also ihr wollt männliche Verbündete schaffen, die an der Seite der Frauen kämpfen, ja, kann man vielleicht so sagen. Wie war denn dein eigener Weg zum männlichen Verbündeten?
00: 14:15-8 Martin Speer: Also schon steinig. Ich hatte ja gesagt, ich bin in Mittelfranken auf dem Land aufgewachsen, ich hatte einen ziemlich sexistischen Vater, das wurde mir erst rückblickend bewusst. Meine Eltern haben sich dann auch scheiden lassen. Und ich bin auch in einer Umgebung aufgewachsen, die damals noch relativ klassisch war. Viele der Frauen haben zu Hause gearbeitet, ich war im Schützenverein, ich war lange CSU-Mitglied. Und ich dachte sozusagen, so ein Mann heißt auch sich abgrenzen von allem, was irgendwie zu weich ist. Und ich habe eigentlich gar nicht gespürt, dass das mir selber gar nicht gut tut und auch, dass ich das gar nicht bin, aber man kopiert ja erst mal seine Umgebung, man kopiert den Vater. Mein Vater war erst mal mein Rollenmodell und ich habe Jahre gebraucht zu verstehen, okay da ist nicht alles dufte, der ist auf keinen Fall immer super. Aber es brauchte dann tatsächlich andere Männer in meinem Umfeld, die anders geprägt waren, die mich drauf gestoßen haben, hörst du dir manchmal selber zu? Könnte man das nicht so sehen? Hast du mit deiner Schwester wirklich mal geredet, wie es sich für sie anfühlt unterbrochen zu werden oder du präsentierst immer eine Lösung und lässt gar nicht ihr Raum. Und erst durch den Impuls der Männer habe ich angefangen, mit Frauen in meinem nahen Umfeld zu sprechen und da dachte ich nur so, krass das hast du 25 Jahre nicht gesehen.
00: 15:45-3 Julia Hägele: Ich würde gerne bei deiner Biografie kurz bleiben. Du bist in Leipzig geboren, deine Eltern sind aus der DDR über die Prager Botschaft geflohen, du bist wie du gesagt hast in Mittelfranken aufgewachsen. Hast nach einer Ausbildung zum Industriekaufmann Wirtschaft und Kommunikationswissenschaften in den USA und Deutschland studiert. Bist Europäer im Herzen, da kommen wir auch noch dazu. Darf ich dich fragen, wo du dich zu Hause fühlst?
00: 16:09-6 Martin Speer: Also ich glaube, weil wir wahnsinnig viel durch Europa gefahren sind und weil es auch eigentlich ein europäisches Buch ist, würde ich sagen, in Europa, aber natürlich und das wurde mir erst später bewusst, hat es eine Rolle gespielt, dass ich ostdeutsche Eltern in Westdeutschland hatte und dass ich eine ostdeutsch geprägte Mutter habe, die nach der Flucht über Prag, also wir waren ja dann innerdeutsche Flüchtlinge, kamen in Hof mit dem Zug an, wurden erst mal in so einen Container gesteckt und meine Mutter mit so einer Selbstverständlichkeit, ich bin Bauingenieurin, ich fange jetzt hier mal an. Und von diesen Oberpfälzer Männern erstmal gesagt wurde, hä, sie in der Baubranche, was soll das jetzt? Und ich habe später in Gesprächen mit ihr haben wir so ein bisschen gemeinsam rausgearbeitet, wie das auch für sie war, als eigene emanzipierte ostdeutsche Frau mit einem schwierigen Mann in einem konservativen Umfeld so. Und wie sehr das sie auf eine Art und Weise auch, muss man leider sagen, gebrochen hat, die Geschichte endet nicht so super schön, aber ich habe auch lange gebraucht, das glaube ich zu sehen, und gleichzeitig ist es jetzt ein Punkt, wo ich sage, ich will auch nicht, dass bestimmte solcher Dinge so weitergehen. Und es ist auch irgendwie der verdammte Job von uns Männern mitzuhelfen, dass es besser wird und nicht dieses Problem wegdeligieren, nur weil es uns nicht unmittelbar gefühlt angeht.
00: 17:40-8 Julia Hägele: Ich schaue noch mal ins Publikum, ob es irgendwelche Fragen gibt, noch nicht. Ich habe manchmal das Gefühl, das Thema Geschlechtergerechtigkeit ist eigentlich vorherrschend oftmals in einer privilegierten akademischen Bubble. Ist das auch dein Eindruck? Und falls ja, was tut ihr, um dieses Thema breitenwirksam zu bespielen?
00: 18:05-6 Martin Speer: Also erst mal, dieses Buch ist, glaube ich, sehr einfach geschrieben. Es steht auch am Anfang, das ist kein Zeigefingerbuch, ey ihr doofen Männer, was habt ihr nicht auf dem Schirm? Sondern eher, lasst uns mal gemeinsam auf eine Reise gehen und schauen, was wir lernen können. Und ich glaube, das versuchen wir in unserer Arbeit immer wieder oder wenn wir irgendwie einen Spiegelartikel oder Kommentar schreiben, versuchen wir das eigentlich mit einer gewissen Wärme zu tun, trotzdem einer Klarheit. Weil ich glaube, wir müssen auch gar nicht um den heißen Brei reden, es geht um Macht, es geht um Verteilung, es geht um Einfluss und gleichzeitig haben wir, glaube ich, alle das Bedürfnis irgendwie zu lernen oder Männer merken ja auch, der aktuelle Zustand tut uns irgendwie auch nicht gut. Und eigentlich versuchen wir unsere Arbeit wie mit einer ausgestreckten Hand zu machen und es ist, glaube ich, auch so ein gegenseitiges Lernen immer. Also wir lernen ja in den Formaten auch immer wahnsinnig viel. Weil wenn du zu einem Mittelständler auf die schwäbische Alb gehst, dann musst du nicht mit irgendwelchen Berlin-Mitte-Argumenten kommen, sondern da bist du eher bei der Abteilung Schützenverein so.
00: 19:15-1 Julia Hägele: Verstehe. Du hast da mal gesagt, ich zitiere, Ziel aller Bemühungen darf nicht sein, Frauen dem männlich geprägten Leistungssystem anzupassen. Vielmehr müssen modernere Strukturen her, die nicht nur für Frauen besser funktionieren, sondern auch für Männer und alle anderen. Was bedeutet das konkret?
00: 19:34-4 Martin Speer: Es bedeutet einfach, dass vielfach in den Unternehmen oder manchmal auch noch in Behörden die Idee immer noch vorherrscht, wir müssen jetzt Frauen so optimieren, dass sie halt in diesem männlich geprägten System funktionieren. Wenn sie was wollen, sollen sie auf den Tisch hauen, wenn sie die Beförderung wollen, müssen sie das einfordern. Dass wir aber ganz viel dabei übersehen, nicht berücksichtigen wo wir herkommen, dass nicht nur vielfach die Perspektiven von Frauen, sondern auch von introvertierten Männern, von Leuten, die nicht in einem super akademischen Haushalt aufgewachsen sind unter den Tisch fallen, wird oft noch übersehen. Und jetzt habe ich einen Teil deiner Frage vergessen. Ahja. Und deswegen ist glaube ich, das sagt die AllBright-Stiftung auch immer irgendwie in Trainings so schön zu sagen, fix the system not the women. Ich meine, das ist der Schlüssel. Weil wir raffen als Männer zum Beispiel, glaube ich, auch nicht oft genug, dass das Patriarchat auch Mist für uns ist. Also ich muss die Argumente gar nicht aufzählen wieso, aber viele Männer haben das auch nicht auf dem Schirm.
00: 20:40-9 Julia Hägele: Ach doch sag mal. Sag mal so ein-zwei Argumente, warum ist das Patriarchat Mist für Männer?
00: 20:47-7 Martin Speer: Na also irgendwie das einfachste ist, und da ist die Studienlage glasklar, in der geschlechtergerechten Umgebung ernähren sich Männer besser, gehen besser zum Arzt, WHO-Daten zeigen sie leben länger. Also Feminismus lässt dich als Mann später sterben. Was brauchst du noch für ein Argument? Oder es gibt eine gute Studienlage aus 23 europäischen Ländern die zeigt, in einer geschlechtergerechten Umgebung schlafen Männer wie Frauen besser, also Schlafqualität ist besser. Also es gibt unzählige Argumente, die einfach zeigen, eine inklusivere Umgebung tut auch Männern gut, sie macht dich gesünder, sie macht deine Beziehung stabiler, sie lässt dich länger leben, du kommst besser auch, das Scheidungsrisiko ist geringer. Also und ich weiß gar nicht, es ist eine Frage des Menschenrechts und ich weiß gar nicht, warum man eigentlich diese Argumente noch anbringen muss, aber manche Männer kriegen es nur auf dem Radar, wenn du eben mit der großen Studienkiste kommst und sagst, längere Lebenszeit, bessere Teams, so los jetzt.
00: 21:55-5 Julia Hägele: Verstehe. Wir haben auch viel über Regionen gesprochen, Berlin Mitte, hier ist vielleicht das Thema ein bisschen präsenter, dann die Peripherie. Du hattest eine Stelle in deinem Buch, die ganz gut passt, glaube ich, vorzulesen.
00: 22:07-5 Martin Speer: Ja.
00: 22:08-5 Julia Hägele: Wenn du magst.
00: 22:11-6 Martin Speer: Ich werde so einen kleinen Zwischenruf aus dem Buch vorlesen, da geht es darum, wie ich in der Grundschule die weibliche Bürgermeisterin von meinem Dorf kennengelernt habe. Für mich war die Begegnung mit der Bürgermeisterin meiner Heimatgemeinde Heroldsberg in Mittelfranken eine wichtige Erfahrung und Quelle für meinen Fortschrittszyklus. In der Grundschule besuchte unsere Klasse unsere Bürgermeisterin Melitta Schön. Von Anfang an war ich von ihrer Offenheit, Freundlichkeit und ihrem Tatendrang beeindruckt. Sie machte Politik auf eine sehr menschliche, direkte und lösungsorientierte Art, im Gegensatz zu ihrem technokratischen und distanzierten Stil der männlichen Kollegen. Über die Jahre hinweg blieb ich mit ihr in Kontakt, sie war immer offen für meine Ansichten und Ideen und nahm mich ernst, schon als Kind und später als Teenager, als andere noch lachten. Schon früh fiel mir auf, dass sie als eine der wenigen Frauen in der Kommunalpolitik unterwegs war und in den Nachbarstädten ausschließlich Männer führende politische Positionen inne hatten. Das war ein Schlüsselerlebnis, bei dem mir klar wurde, wie ungleich die Geschlechterverhältnisse vor allem auch in der Kommunalpolitik sind und wie sehr das zu einem ganz bestimmten eingeschränkten Stil des Politikmachens beiträgt. Daran hat sich seit den 90er Jahren nicht viel geändert. Bis heute sind nur neun Prozent der BürgermeisterInnen in Deutschland Frauen. Wieviel inklusiver, menschlicher, kreativer und wirkungsvoller könnte die Politik sein, wenn mehr Frauen in Machtpositionen auf lokaler und nationaler Ebene wären und unsere Strukturen und politischen Prozesse stärker prägen würden? Ja.
00: 24:09-6 Julia Hägele: Gibt es an dieser Stelle…. (Applaus) eine Frage?
00: 24:23-6 Fragestellerin: Du hast vorher eigentlich gerade schon drüber gesprochen, dass auch Männer was von Feminismus haben und es gibt dieses Zitat, ich weiß leider gerade nicht, von wem es ist, we should all be feminists.
00: 24:31-1 Martin Speer: Genau, ja.
00: 24:33-3 Fragestellerin: Und ich frage mich manchmal in Diskussionen, die man auch so in SocialMedia führt, ob der Begriff des Feminismus da einem gemeinsamen Verständnis manchmal im Weg steht, so diesen Zielgruppenkonflikt, Feminismus kann mich als Mann gar nichts angehen. Ja wie kann man das vielleicht integrieren? Weil von Geschlechtergerechtigkeit, um den anderen Begriff zu benutzen, würden eben auch einfach alle profitieren und ja, ich weiß nicht, ob es da aus dem Beratungsumfeld vielleicht auch Ideen, Gedanken dazu gibt.
00: 25:04-5 Julia Hägele: Danke und danke für die Frage. Also bei Feminismus, bei dem Begriff wittern manche schon irgendwie bestimmte extreme politische Haltungen.
00: 25:14-9 Martin Speer: Also das beobachten wir auch, das war auch ein interessanter Prozess mit dem Verlag. Nimmt man das Wort Feminismus auf den Titel und so. Und ich glaube aber, man würde der Geschichte und dem Kampf nicht Rechnung tragen, würde man jetzt sagen, oh es ist jetzt zu unbequem oder Männer fühlen sich nicht mitgenommen, jetzt wechseln wir den Begriff aus und nennen es Humanismus oder so. Weil ich finde, also wir haben auch echt noch so ein großes Stück Wegstrecke vor uns und die Innenbalance, ich finde, wir dürfen das auch nicht zu sehr vermischen. Also es gibt, glaube ich, bei der Ungleichheit die 51 Prozent der Bevölkerung, die Mehrheit der Bevölkerung noch betrifft, richtig viel zu tun und ich glaube eher, der Begriff braucht ein, was heißt ein Update, aber eine weitere Nuance statt ihn zu ersetzen und es gibt ja auch irgendwie im modernen Feminismus immer mehr Stimmen, die zeigen wie vielfältig und breit der Begriff ist und dass da viel mehr drunter passt. Und dafür würde ich irgendwie so plädieren, auch wenn es unbequem ist, auch wenn viele Männer beim Thema Feminismus sofort an, das bekommen wir als Kommentare, an Frauen denken, die BHs verbrennen und nicht mehr Männer in ihrem Leben wollen so. Und das ist, ich finde, wir dürfen da nicht kampflos aufgeben, lieber sollen andere Menschen verstehen, was das bedeutet, was das Problem ist und dass dieser Begriff viel näher an ihnen ist als sie das bisher sehen. Ja.
00: 26:54-8 Julia Hägele: Magst du das Mikro rübergehen, es gibt noch eine Frage.
00: 27:00-7 Fragestellerin: Wie siehst du das mit Antifeminismus?
00: 27:03-6 Martin Speer: Oh.
00: 27:04-5 Fragestellerin: Macht es dir richtig viel Sorgen oder siehst du das eher, es ist eigentlich nur eine kleine Wirkung für den Fortschritt, es zeigt, wieviel Fortschritt wir eigentlich erreicht haben und erreichen werden und es wird uns nicht kaputt machen.
00: 27:19-0 Martin Speer: Also es gibt ja diesen wunderbaren Text, das feministische Paradox, ich habe den Namen der Autorin vergessen.
00: 27:22-7 Julia Hägele: Susanne Kaiser?
00: 27:25-3 Martin Speer: Genau, Susanne, also das ist einfach noch mal eine Einladung, irgendwie für uns alle das anzuschauen. Aber ich mache mir schon echt Sorgen, weil das auch eine nächste Generation von Männern sehr stark prägt. Also welche Idee habe ich auch von Männlichkeit in Abgrenzung zu Weiblichkeit, wer sind meine Vorbilder. Dieses Hypermaskuline kommt ja superstark zurück. Wenn wir in Interviews in Osteuropa unterwegs waren, ist das echt krass, was wir da noch zu hören bekommen, aber was wir auch hinter verschlossenen Türen in Deutschland noch zu hören bekommen. Und irgendwie wenn wir uns die Weltlage anschauen irgendwie mit Erdogan, Putin, potenziell Trump wieder, hat das ganz viel auch mit Antifeminismus zu tun und mit einer strukturellen Abwertung von Frauen und mit einer toxischen Idee von Männlichkeit und mir macht das echt vielfach Sorgen. Oder ich will jetzt hier nicht die Nahostkiste aufmacht, aber der Nahostkonflikt ist auch, wir haben da auch ein Männerproblem. Also wer verübt da die Gewalt und wer leidet unter der Gewalt auf allen Seiten? Und ich würde mir manchmal echt wünschen und wir tüfteln über einen Text gerade, dass wir das klarer benennen. Wir haben ein Männer- und wir haben ein Männlichkeitsproblem. Und das durchzieht sich durch die wirtschaftliche Ungleichheit, die politische und die ist mit Ursache der Instabilität, glaube ich, generell.
00: 29:04-0 Julia Hägele: Du hast die Politik angesprochen. Ihr habt zahlreiche politische Kampagnen gestartet, also Hashtag Free Interrail beispielsweise, Hashtag Europe loves UK oder Hashtag es ist Zeit, 2015 war das für die Ehe für alle, die dann auch 2017 beschlossen wurde. Wie startet man denn eine politische Kampagne?
00: 29:26-4 Martin Speer: Das ist eine richtig interessante Frage. Ich glaube, für uns war der Anlass immer, es gab einen gesellschaftlichen Missstand und irgendwie hat sich das für uns persönlich sehr ungerecht angefühlt. Also bei der Ehe für alle, Vincent ist mit einer Frau verheiratet, ich lebe mit einem Mann zusammen. Wir wurden vor dem Gesetz ungleich behandelt, gleichzeitig zeigte sich eine Mehrheit der deutschen Gesellschaft für die Eheöffnung und Frau Merkel saß da und wollte den Fraktionszwang nicht lösen. Und eigentlich aus der persönlichen Betroffenheit und vielleicht irgendwie unseren medialen Zugängen wurde daraus ein offener Brief im Spiegel, über 100.000 Leute, die das mit unterzeichnet haben und irgendwie ein Baustein, der glaube ich mitgeholfen hat, das waren viele andere auch, aber irgendwie dann das weich zu klopfen. Ich glaube einfach irgendwie, dass man Sachen nicht hinnimmt, sondern schaut, wo bin ich gerade und kann ich mit meinen Zugängen einen Beitrag leisten? Und das muss ja jetzt nicht ein Spiegelartikel sein, das kann ja in meinem Unternehmen was sein, das kann in dem Verein sein, in dem ich mich engagiere oder am Abendbrottisch, dass ich bestimmte Kommentare nicht länger hinnehme und das auch als Mann sage dem Onkel gegenüber, der immer diesen Spruch macht. Weil ich glaube, ich würde mir da auch manchmal echt wünschen, dass wir Männer stärker auch in die Konfrontation von Männern gehen und weniger Angsthasen sind.
00: 30:58-7 Julia Hägele: Verstehe. Was verbindet denn eure Schwerpunktthemen, Geschlechtergerechtigkeit und Europa?
00: 31:05-2 Martin Speer: Ich glaube ganz viele, weil Europa und die EU nicht nur einer der Orte ist, wo es um Geschlechtergerechtigkeit im weltweiten Vergleich noch mit am besten steht, sondern weil wir irgendwie auch aus der Wissenschaft sehr genau wissen, dass Freiheit, Demokratie und Geschlechtergerechtigkeit ganz eng miteinander zusammen gehören. Und irgendwie ein demokratisches, friedliches Europa kann nur ein feministisches Europa sein und wir merken jetzt gerade an der fast Rückabwicklung, dass das Gegenteil zu diesen negativen Effekten führt. Ja, deswegen ist das ein Ding.
00: 31:47-4 Julia Hägele: Bei deinem, bei eurem großen politischen Engagement habe ich mich gefragt, wieso seid ihr eigentlich nicht Politiker geworden oder habt angestrebt, in einer Partei Karriere zu mache, gegebenenfalls in einer NGO oder in einem Verein, es ist ja recht frei und parteiübergreifend.
00: 32:06-2 Martin Speer: Ja. Also ich war ja mal CSU-Mitglied, ich bin dann aus Überzeugung ausgetreten, hatte ein Intermezzo bei den Grünen und dann aber irgendwie verstanden, dass mein Platz nicht in einer Partei ist, sondern wir helfen wollen Allianzen zu schmieden und irgendwie diese Free Interrail-Idee ist nur gelungen, weil Christdemokraten, SozialdemokratInnen, Grüne zusammengekommen sind. Und ich glaube, auch beim Thema Geschlechtergerechtigkeit. Also man muss sich … also jeder, der sich bei den Grünen engagiert, das ist super, aber ich glaube, es gibt noch richtig viel Arbeit in der Unionsfraktion zu tun und vielleicht können wir immer auch in den Bereichen einen Beitrag leisten, wo die Augen noch viel verdreht werden und in einer neutralen Positionen geht das vielleicht manchmal leichter, weil sie in mir nicht den Feind wittern und vielleicht ist das der Brückenschlag, den man schlagen kann.
00: 33:08-0 Julia Hägele: Liebes Publikum, wenn es um Feminismus und Männer geht, gibt es eine Frage, die wir noch nicht behandelt haben? Hier. Einmal Mikrofon bitte.
00: 33:17-0 Fragestellerin: Ihr hört mich? Großartig. Vielleicht mal eine Frage so ein bisschen zur Erbauung am Abend. Auf Basis deines Buches oder deines Coachings, was war denn so ein Moment, wo du dachtest, oh ja da hat es ein Mann endlich mal begriffen oder da ist wirklich mal der Groschen gefallen und er hat dann auch was verändert?
00: 33:40-0 Martin Speer: Ja. Also ich hatte, glaube ich, zwei-drei. Also einer war an der technischen Uni Hamburg. Wir haben den Studis, das sind 70 Prozent Männer, die Aufgabe mitgegeben, geht heute Abend zurück in eure WG und fragt eure Mitbewohnerinnen, wann sie das letzte Mal Sexismus erlebt hat. Und am nächsten Morgen sind viele der Kerle und besonders einer zurückgekommen und hat gesagt, krass. Was er da nicht gesehen hat, er hat seine Mitbewohnerin eigentlich ganz neu kennengelernt. Dann finde ich immer wieder erbauend und das hatten wir kürzlich in der Zusammenarbeit, dass ich es schön finde, wenn in einem Format eine Atmosphäre entsteht, dass Leute sich soweit öffnen, dass sie sich entweder verletzlich zeigen oder wirklich sehr offen sagen, was sie stört und man dann damit arbeiten kann. Und das finde ich immer wunderschön. Und dann ich war gestern in Niedersachsen bei einem Stiftungsvorstand, 90 Prozent Männer über 50 in so einem Fachwerkhaus auf dem Land. Also man hat schon diese konservative Schwere beim Reingehen so gerochen fast schon. Aber ich fand, es war halt ab irgendeinem Punkt mucksmäuschenstill und irgendwann sagte danach halt ein Teilnehmende, krass ich musste irgendwie so alt werden und verstehe jetzt erst, was ich irgendwie die ganze Zeit übersehen habe oder was ich manchmal so natürlich tue und den Effekt nicht sehe. Und ich finde, das sind halt so die schönen Momente. Also wenn Männer, auch ältere Männer, verstehen, es geht immer weiter und du kannst den nächsten Schritt gehen und du bist nicht schuldig, du bist eigentlich nur schuldig dafür, dass du nicht den nächsten Schritt gehst. Also ja, vielleicht so.
00: 35:45-8 Julia Hägele: Weil du das Alter gerade ansprichst, aus eurer Erfahrung, gibt es irgendein Alter, in dem Männer speziell empfänglich sind für dieses Thema oder speziell nicht empfänglich oder ist es eigentlich nur persönlichkeitsabhängig?
00: 35:59-8 Martin Speer: Boah über so eine Frage habe ich noch gar nicht so richtig nachgedacht.
00: 36:04-9 Julia Hägele: Die kam mir jetzt auch nur so spontan.
00: 36:09-8 Martin Speer: Ja, also ich würde sagen, in der Tendenz sind junge Menschen offener, darüber zu reden und Gefühle zuzulassen und sagen, die Situation erlebe ich in meinem Unternehmen, das finde ich doof, ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll. Sie sind offener, es zu thematisieren, aber nicht unbedingt besser, dann damit umzugehen, weil sie gleichzeitig auch in ihrem Unternehmen irgendwie neu sind und irgendwie nach ihrer Rolle suchen und dann nicht unbedingt Bock haben, in Konfrontation mit älteren männlichen Vorgesetzten zu gehen. Also ich sehe bei jüngeren Leuten mehr Offenheit, aber ich sehe halt einen großen Hebel schon noch bei den Männern, die heute an den Hebeln der Macht sitzen. Und da ist halt das Ding, setz es auf die Spitze der Agenda, mach Platz, nimm weniger Raum ein, deswegen ist es eigentlich lustig, dass ich hier sitze. So, aber ja von den jüngeren würde ich mir wünschen, lasst das zu und geht dann den nächsten Schritt und habt den Mut, es gibt Fachkräftemangel, du kannst dir viel mehr erlauben als du glaubst. Also geh da rein.
00: 37:16-6 Julia Hägele: Geh da rein, wäre eigentlich ein schönes Schlusswort. Gibt es noch eine letzte Frage? Für eine letzte Frage hätten wir noch Zeit. Dann würde ich geh da rein einfach mal so… Du wolltest noch was sagen.
00: 37:27-9 Martin Speer: Können wir Julia einen Applaus geben, weil sie moderiert heute den ganzen Tag ganz verschiedene Bücher und du machst das so genial.
00: 37:39-0 Julia Hägele: Vielen Dank. Den Dank kann ich nur zurückgeben Martin, vielen herzlichen Dank fürs Kommen und fürs Auskunftgeben. Schönen Tag noch.
00: 37:53-8 *Applaus*
00: 37:58-4 *Musik*
00: 38:04-9 Julia Hägele: Wir hoffen, das Gespräch hat dir gefallen. Wenn du mehr über herCAREER erfahren willst, besuche uns im Netz unter her-career.com und komm zur nächsten herCAREER-Expo nach München. Abonniere gerne unseren Newsletter mit spannenden Interviews, Veranstaltungstipps, Mentorinnen und vielem mehr unter her-career.com/newsletter. Wir freuen uns, wenn du Teil unseres Netzwerks wirst.
00: 38:27-2 *Musik*
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