Teilen und Haben: Warum wir zusammenhalten müssen, aber nicht wollen
Shownotes
Statt wenig für viele brauchen wir mehr für alle – aber wie? Teilen heißt überleben. Zumindest aus Sicht der menschlichen Evolution ist das so. Denn diese stützt sich weit weniger auf Wurfspeere, sondern viel mehr auf das Teilen von Arbeit, Wissen und Versorgung. Die Soziale Kognition, die dahintersteckt, ist gleichzeitig unser größtes Talent und unsere einzige Chance gegen aktuelle Krisen. Aber was, wenn wir die Grundpfeiler unserer Zivilisation heute nur als Privatproblem und Kostenfaktor sehen? Wenn konzentrierter Reichtum das Gleichgewicht kippt und dabei all das, was wir so erfolgreich geteilt haben – Bildung, Nahrung oder Care-Arbeit – als erstes unter den Tisch fällt? Die Journalistin und Podcasterin Susanne Klingner spricht darüber heute mit Dr. Franca Parianen.
Themen: Share Culture | Umverteilung | Gesellschaft
Die 1989 geborene Neurowissenschaftlerin ist auch Wissenschaftskommunikatorin. Sie erforscht die Schnittstelle zwischen Natur- und Geisteswissenschaft, Mensch und Gesellschaft, oder wie sie sagt: Das ideale Fachgebiet für Leute mit Entscheidungsschwierigkeiten. Mit Hirn, Humor und Quellenangaben untersucht sie die Schwierigkeiten, die entstehen, wenn zwei Gehirne aufeinandertreffen. Im Science Slam Format bringt sie Wissenschaft in Theater, Clubs oder Kneipen und gewinnt damit zahlreiche überregionale Meisterschaften. Als Speakerin hält sie Vorträge auf internationalen Kongressen.
Über den Podcast der herCAREER: Im Podcast herCAREER Voice kommen Menschen zu Wort, denen eine vielfältige und gerechte Arbeitswelt am Herzen liegt – von der herCAREER Expo live und aus der herCAREER Community. Wir sprechen über weibliche Erfahrungen, Karrieren und Herausforderungen sowie darüber, wie wir Berufs- und Privatleben gut vereinbaren können. www.her-career.com/podcast
The herCAREER Voice podcast features people who care about a diverse and equitable workplace - from the herCAREER Expo live and from the herCAREER community. We talk about female experiences, careers and challenges, as well as how to achieve a good work-life balance. www.her-career.com/en/podcast
herCAREER Voice ist eine Produktion von hauseins für herCAREER – die Plattform für die weibliche Karriere. Projektleitung: Natascha Hoffner Redaktion und Produktion: Miku Sophie Kühmel Sprecherin: Katharina Alexander
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herCareer Voice Live mit Dr. Franca Parianen
Franca Parianen [00: 00:00] Menschen funktionieren ja an sich schon nur so, wir kommen ja ganz, ganz, ganz hilflos auf die Welt. Das heißt, schon von Geburt an brauchen wir Leute, die uns unterstützen bei dieser Aufgabe. Wir brauchen Hilfe bei Care Arbeit. Das ist eine der ersten Sachen, die wir geteilt haben. Wir brauchen diese Bedienungsanleitung. Wir müssen wissen, wie Werkzeuge funktionieren, wie man jagt. Wir teilen Wissen auch von Anfang an, und wir teilen von Anfang an Nahrungsmittel, weil zum Beispiel Jagen ganz oft gar nicht so richtig gut funktioniert. An einem Tag habe ich Erfolg, am nächsten Tag gehe ich leer aus. Und wenn ich gestern nicht geteilt habe, bin ich heute hungrig. Das heißt, Sachen, die wir schon immer geteilt haben, sind Care Arbeit, Wissen und Nahrung. Und das sind alles die Sachen, die wir heute unterfinanziert haben.
Katharina Alexander [00: 00:49] Herzlich willkommen zum herCareer Voice Podcast. Du bist hier richtig, wenn du diverse und vor allem weibliche Perspektiven auf arbeitsmarktpolitische, gesellschaftliche und wissenschaftliche Themen hören willst. Lerne dabei von Role Models, Expert*innen und Insidern und nimm wertvolle Anregungen für deine eigene Karriereplanung mit. Mit herCareer Voice fangen wir vielfältige Sichtweisen ebenso wie ganz persönliche Einblicke und Erfahrungen spannender Frauen ein. Von der herCareer Expo live und aus der herCareer Community.
Katharina Alexander [00: Statt wenig für viele, brauchen wir mehr für alle. Aber wie? Teilen heißt überleben. Zumindest ist das aus Sicht der menschlichen Evolution so, denn diese stützt sich weit weniger auf Wurfspeere, sondern vielmehr auf das Teilen von Arbeit, Wissen und Versorgung. Die soziale Kognition, die dahinter steckt, ist gleichzeitig unser größtes Talent und unsere einzige Chance gegen die aktuellen Krisen. Aber was, wenn wir die Grundpfeiler unserer Zivilisation heute nur als Privatproblem und Kostenfaktor sehen? Wenn konzentrierter Reichtum das Gleichgewicht kippt, und dabei all das, das wir so erfolgreich geteilt haben Bildung, Nahrung und Care Arbeit, als erstes unter den Tisch fällt? Die Journalistin und Podcaster Susanne Klingner spricht darüber heute mit Dr. Franca Parianen. Die 1989 geborene Neurowissenschaftlerin ist auch Wissenschaftskommunikatoron. Sie erforscht die Schnittstelle zwischen Natur- und Geisteswissenschaft, Mensch und Gesellschaft, oder wie sie selber sagt, das ideale Fachgebiet für Leute Mit Entscheidungsschwierigkeiten. Mit Hirn, Humor und Quellenangaben untersucht sie die Schwierigkeiten, die entstehen, wenn zwei Gehirne aufeinandertreffen. Im Science Slam Format bringt sie Wissenschaft in Theater, Clubs oder Kneipen und gewinnt damit zahlreiche überregionale Meisterschaften. Und als Speakerin hält sie Vorträge auf internationalen Kongressen.
Susanne Klingner [00: 03:00] Was reizt dich am Thema Teilen? Solidarität? Warum ist das ein Thema, wo du sagst okay, da schreibe ich jetzt ein Buch dazu.
Franca Parianen [00: 03:10] Es ist ja so ein bisschen so ein Spannungsfeld, was wir alle kennen. Als ich angefangen habe, mich für Neurowissenschaften zu interessieren, da war gerade diese große Welle vom Zeitalter der Empathie. Und jetzt wird alles besser. Und Menschen sind doch eigentlich großzügiger, als man denkt. Und seitdem ist die Welt immer nur schlimmer geworden und wir sind alle damit so, oh okay. Und wie bringt man das jetzt zusammen, dass wir eigentlich ganz viel darüber wissen, was Menschen an sozialen Fähigkeiten haben, wie wir uns Mühe geben, uns zusammenzuraufen, und es halt trotzdem die ganze Zeit nicht hinkriegen. Und wenn man sich dann mal fragen muss, vielleicht ist ja doch irgendwas am System auch so, dass es nicht funktioniert, das, was wir eigentlich an Fähigkeiten hätten.
Susanne Klingner [00: 03:47] Und es heißt das System hast du jetzt einfach mal angeguckt. Wo liegen da die Widersprüche? Deine These des Buches ist ja tatsächlich Menschen sind eigentlich fürs Teilen gemacht und du führst auch eine ganze Menge Beweise an, um jetzt dem Publikum auch so ein bisschen die Beweisführung nahe zu bringen: Also woran sieht man denn, dass Menschen eigentlich im Grunde ihres Wesens gerne teilen?
Franca Parianen [00: 04:10] Also man merkt es zum Beispiel, wenn man sich Kinder anguckt und guckt, was können Menschenkinder eigentlich besser als jetzt, so die Kinder anderer Spezies. Dann denken wir waren so Sachen wie Werkzeugbau oder so was oder Ursache-Wirkung-Zusammenhänge verstehen. Tatsächlich sind das aber gar nicht so richtig unsere Stärken. Ein 2-Jähriger kann nicht besser mit Werkzeugen umgehen als ein Schimpanse. Am allerbesten sind Orang Utans. Was Kinder aber viel besser können, ist Zusammenarbeit organisieren. Das klassische Beispiel, die Räuberleiter. Das ist bei uns ja so normal. Wir haben da sogar ein Wort für. Und wir denken gar nicht drüber nach, wie viel Kognition da eigentlich hinter steckt. Weil wenn ich so eine Räuberleiter hinkriegen will, muss ich ja erst mal verstehen: Ich brauche Zusammenarbeit. Und dann muss ich verstehen: Nach der Zusammenarbeit muss ich teilen. Wenn ich das nicht mache, arbeitet der andere nie wieder mit mir zusammen. Und danach sitze ich alleine da. Und das ist das, was die Kinder hinkriegen. Bei den Schimpansen funktioniert es exakt einmal. Sie arbeiten zusammen und beim nächsten Mal isst dann der Ranghöhere alles auf und das war's dann. Und Kinder können aber Zusammenarbeit aufrechterhalten. Und tatsächlich ist das so die Art von Verteilung, die uns richtig gut liegt, wo wir gemeinsam Mehrwert schaffen, und den dann aufteilen. Ist zum Beispiel auch so, dass wir uns von Anfang an total dafür interessieren, ob auch unsere Kinder irgendwie was bekommen an Schokolade. Das heißt, selbst wenn wir vielleicht nicht gerne von unseren eigenen Sachen was abgeben, sind wir immer grundsätzlich daran interessiert, dass alle was haben. Das ist unser Lieblingsszenario. Auch das, was Schimpansen zum Beispiel gar nicht interessiert. Und wenn wir jetzt mal um die Welt reist, dann merkt man, dass diese Art von Zusammenarbeit eigentlich sehr häufig ist. Also Leute zahlen ganz viel in Gemeinschaftstöpfe ein, aus dem sie gemeinsam schöpfen. Oder sie haben zum Beispiel so Risikoabsicherung, wo ich dich um Hilfe bitten kann, wenn ich ein Problem habe. Und im Ausgleich könnte mich alle Kinder deiner Familie um Hilfe bitten, wenn du ein Problem hast. Das was passiert überall auf die ganze Welt finden und dann kriegen wir es trotzdem nicht so richtig hin, uns auf der globalen Bühne zu organisieren. Und dann ist manchmal so ein bisschen das Gegenargument: Ja, aber das zerbricht ja alles, gerade wenn es knapp ist. Das zerbricht ja in der Not. Aber tatsächlich sind das gerade die Situationen, wo Zusammenarbeit sehr gut klappt. Nach Katastrophen zum Beispiel.
Susanne Klingner [00: 06:16] Tatsächlich ist ja auch ein sehr schönes Beispiel, zu Katastrophen oder Knappheit im Buch drin. Und was lustigerweise in der öffentlichen Wahrnehmung durch die Verfilmung ganz anders dargestellt wurde, ist nämlich dieses Beispiel der Film oder das Buch heißt „Herr der Fliegen“. Aber das reale Beispiel ist ja ganz anders. Vielleicht magst du davon erzählen, wie es in Wirklichkeit war. Genau.
Franca Parianen [00: 06:39] Also Ludger Brinkmann hat darüber geschrieben. Bei dem Herrn der Fliegen ist es ja so, dass die Geschichte, die wir kennen, ist, Kinder landen auf einer einsamen Insel und das erste, was sie machen, es sich wahnsinnig streiten, Leute sterben, es ist alles ganz furchtbar. Und man ist vielleicht nicht ganz überrascht, dass der Autor auch sehr fasziniert von den Nazis war. Das heißt, da ist schon so eine Ideologie, dass sobald wir so ein bisschen an der Oberfläche kratzen, werden Menschen ganz bestialisch und der Mensch ist dem Menschen ein Wolf und sein Feind und so. Und es gibt tatsächlich so ein Beispiel, wo das passiert ist, wo Kinder zusammen vor einem Internat weggerannt sind und vor dem Essen, was es da gab. Dann sind sie Schiffbrüchige geworden und waren dann zusammen auf einer einsamen Insel. Und was haben sie gemacht? Sie haben sich natürlich zusammen organisiert, was auch sonst. So ein Feuer zum Beispiel am Laufen halten, das funktioniert ja nur, wenn immer einer da ist. Und das ist eigentlich was, was man in der menschlichen Geschichte immer findet. Wir sind nicht besonders talentiert, wir haben kein großes Fell, wir sind nicht wahnsinnig stark. Die meisten Sachen kriegen wir nur organisiert, wenn jemand uns hilft und unterstützt. Alleine zum Beispiel um unser Gehirn durchzufüttern, brauchen wir so viel an Nahrungsmitteln. Wir brauchen das Geheimnis des Feuers. Wir müssen wissen, wie Messer funktionieren. Das muss uns alles jemand erklären, nachdem wir geboren werden. Also, wir sind so ein bisschen die einzige Spezies, die eine Bedienungsanleitung braucht, wenn sie erst mal auf der Welt ist.
Susanne Klingner [00: 07:55] Aber tatsächlich ist gerade bei dem Beispiel so spannend, dass die kulturelle Übertragung dann das genaue Gegenteil ist. Also was wir uns kulturell erzählen, ist ja der Mensch ist des Menschen Wolf. Jeder ist egoistisch. Woher kommt es also? Warum – ich will nicht zu viel vorwegnehmen, aber es gibt ja genug Theorien und Theoretiker, die immer wieder sagen: Ne, Homo Oeconomicus, jeder ist auf seinen Vorteil bedacht.
Franca Parianen [00: 08:20] Ja, es ist total skurril. Gerade bei diesem Herrn der Fliegen ist es ja so, das hat sich jemand ausgedacht, dass einfach nur ein Buch. Und trotzdem benutzen das Menschen, als wäre das irgendein Beweis für irgendwas. Als könnte man daran schon sehen: Ah guck, so ist der Mensch. Und bei dem Homo Oeconomicus ist es ähnlich. Das ist ja das Modell, das die Wirtschaftswissenschaften benutzen, mit dem Argument: der Mensch verfolgt am Ende sein Eigeninteresse Und das Verhalten, das man damit vorhersagen kann, ist das von Schimpansen. Was ist, wenn wir versuchen, menschliches Verhalten damit vorherzusagen, funktioniert das so gut wie nie. Und trotzdem halten wir daran fest, an diesen fiktionalen Erzählungen, an diesen Modellen, weil wir uns auch so ein bisschen angewöhnt haben, dass die zynischste Sichtweise die intelligente ist. Dabei ist Zynismus ja eigentlich nicht viel anders als Naivität. Wir lernen nichts, wir gucken nicht auf die verschiedenen Faktoren, wir gucken nicht, wann funktioniert es, wann funktioniert es nicht, sondern wir sagen einfach: Der Mensch ist gut oder der Mensch schlecht. Punkt. Und dann betrachten wir das als eine Art überlegenen Standpunkt. Guck, wie schön ich zweifle. Und das ist wirklich ein Problem, weil wir dadurch ganz oft falsche Vorhersagen treffen und dann doch wieder die Zusammenarbeit auch nicht hinkriegen.
Susanne Klingner [00: 09:24] Und du als Neurowissenschaftlerin kannst ja wahrscheinlich auch erklären, warum … wenn wir also wenn es eigentlich beide Erzählungen gibt oder die Beweise ja da sind, dass der Mensch, ein Mensch zum Teilen geschaffen ist, warum wir er diese anderen Erzählungen glauben und wie viel Einfluss die dann tatsächlich auf unser Verhalten hat.
Franca Parianen [00: 09:44] Ja, es gibt auf jeden Fall so verschiedene Faktoren. Das eine ist, dass es immer leichter ist, was Kritisches zu sagen weil man sich weniger angreifbar macht. Wenn ich sage, Aldi ist böse, ist das natürlich nicht angreifbar. Stimmt ja auch. Wenn ich sage, Greenpeace finde ich gut, ist gleich so und ich habe auch mal gehört, Greenpeace haben dies und das gemacht. Das heißt, gute Statements sind immer leichter angreifbar. Deswegen ist es zum Beispiel auch so, dass die meisten Deutschen Unternehmen boykottieren. Aber die wenigsten entscheiden sich stattdessen irgendwo anders zu kaufen, weil es uns leichter fällt, Nein als Ja zu sagen. Aber dann ist da natürlich auch der Teil, dass wir uns gerne rechtfertigen wollen. Wir wollen ja ganz gerne gut dastehen in unserer Erzählung davon, wie die Welt funktioniert. Und dafür brauchen wir auch eine Erzählung, die sagt, wir würden ja gerne helfen, aber eigentlich ist das ja auch nicht gut. Eigentlich müssen wir ja Eigenverantwortung unterstützen. Oder wir würden ja gerne helfen, aber das sorgt für Überbevölkerung, egal in welchem Jahrhundert wir gucken, es gibt immer irgendeinen Bestseller, der uns erzählt, warum es eigentlich total sozial ist, dass wir nicht helfen. Aber das verkauft sich immer sehr gut als Botschaft.
Susanne Klingner [00: 10:44] Aber wenn man mal wirklich das Extrem weiterspinnt, wie würde denn so eine Welt aussehen, wenn einfach nicht geteilt werden würde? So eine Dystopie mal zu entwerfen, weil ich glaube, wir sind uns oft gar nicht bewusst, wie viel auf Teilen basiert.
Franca Parianen [00: 10:59] Ja, total. Also an sich funktioniert sie einfach gar nicht mehr. Punkt. Wir würden im Wald setzen und wir würden vielleicht noch eine Generation überleben, weil Menschen funktionieren ja an sich schon nur so wir kommen ja ganz, ganz, ganz hilflos auf die Welt. Das heißt, schon von Geburt an brauchen wir Leute, die uns unterstützen bei dieser Aufgabe. Wir brauchen Hilfe bei Care Arbeit. Das ist eine der ersten Sachen, die wir geteilt haben. Wir brauchen diese Bedienungsanleitung. Also wir müssen wissen, wie Werkzeuge funktionieren, wie man jagdt. Wir teilen, Wissen auch von Anfang an und wir teilen von Anfang an Nahrungsmittel, weil zum Beispiel Jagen ganz oft gar nicht so richtig gut funktioniert. An einem Tag habe ich Erfolg, am nächsten Tag gehe ich leer aus. Und wenn ich gestern nicht geteilt habe, bin ich heute hungrig. Das heißt, Sachen, die wir schon immer geteilt haben, sind so Care Arbeit, Wissen und Nahrung. Und das sind alles die Sachen, die wir heute unterfinanziert haben. Also alles die Sachen, wo wir vergessen haben, wie viel Wert uns das eigentlich die ganze Zeit bringt. Und wenn wir es nicht mehr teilen würden, dann könnten wir unsere Kinder nicht durchbringen. Wir würden das nicht alleine schaffen, wir könnten uns nicht ernähren und wir hätten eigentlich auch nichts von der ganzen Zivilisation, die hier um uns herum ist. Niemand von uns kann da irgendwas hier herstellen. Ich weiß nicht, wie man diesen Tisch baut oder diesen Stuhl. Das ist alles Wissen, das wir teilen, von Anfang an und dass wir auch teilen müssen. Und da sieht man halt gerade diese Leute, die immer über Eigenverantwortung reden oder sagen, warum sie jetzt keine Steuern zahlen müssen und so, wenn ihr euch aus der Gesellschaft verabschieden wollt, schön und gut, aber dann geht bitte auch in den Wald und dann gucken wir mal, wie lange das sehr gut funktioniert. Das können wir gerne ausprobieren.
Susanne Klingner [00: 12:28] Tatsächlich würde das Gemeinwohl wahnsinnig profitieren, wenn wir mehr teilen würden. Also du hast jetzt gerade das Beispiel schon genannt Steuern, also Reiche, die keine Steuern zahlen wollen. Unser unser System ist aber immer noch so, dass wir nicht aufs maximale Teilen setzen, zum Beispiel Umverteilung. Ja, auch du beschreibst es ja auch im Buch, dass alle das irgendwie so halbwegs okay finden, dass oder denken da würde. Also wenn oben Reichtum ist, kriegen die unten schon was ab. Umgekehrt ist die Realität.
Franca Parianen [00: 13:01] Was für eine skurrile Vorstellung, wenn wir wissen, wir haben diese Gemeingüter wie den öffentlichen Nahverkehr, die Krankenversorgung, die Arbeit. Wenn ich arm bin und ich habe mehr Geld in der Tasche. Natürlich gebe ich das alles aus für Sachen, die der Allgemeinheit zugutekommen. Ich gebe das aus für den lokalen Einzelhandel, ich gebe das aus für die Kindergärten, Beiträge oder eben für die Universität. Was auch, Oder die Stadtbibliothek. Das ist alles. Was arme Leute zur Verfügung haben, fließt meistens zurück in die Gemeinschaft. Wenn ich reich bin, muss ich überhaupt nichts ausgeben. Ich kann was ausgeben, wenn es mir Spaß macht. Und das, was ich mir davon kaufe, sind meistens auch Sachen, die ich für mich nutze. Das ist ja der Spaß daran, reich zu sein. Dass ich eben nicht auf den öffentlichen Verkehr angewiesen bin, sondern meinen Privatjet habe. Und das heißt die Vorstellung, dass wir sagen, wir geben da Geld und das verteilt sich auf die Gemeinschaft, ist total skurril. Denn wenn wir uns das Gegenteil angucken, wenn wir progressive Besteuerung haben, das heißt, ärmere Leute haben mehr Geld in der Tasche, dann fließt das meistens wirklich in die Gemeinde. Und dann haben wir meistens auch Mehrwert, der geschaffen wird. Das ist das, was die Wirtschaft anfeuert. Wenn die Leute, die tatsächlich Geld ausgeben, mehr Geld zur Verfügung haben.
Susanne Klingner [00: 14:08] Und aber eigentlich, wenn man das weiß, warum haben wir es dann nicht andersrum? Weil die Reichen die Entscheidungen treffen, oder woran liegt's?
Franca Parianen [00: 14:17] Ich meine, dass die eine Sache ist natürlich, dass sie mehr Macht haben, Entscheidungen zu treffen. Aber die andere Sache ist auch, dass wir sie mit dieser Rhetorik immer durchkommen lassen. Also die ganze Idee von Trickle Down. Wir haben doch jetzt Studien, dass das nicht funktioniert. Und trotzdem ist gerade in England wieder eine Frau gewählt worden, die genau so argumentiert, die Steuergeschenke tatsächlich nur an die Reichen gibt. Und auch in Deutschland gibt es gewisse Parteien, die das ganz toll finden. Und es wird immer wiederholt, auch andere Sachen, wie zum Beispiel diese Idee von Leistungsträgern. Was sind da Leistungsträger? Wahrscheinlich Leute mit Anzügen. Dabei sind ja die, die in unserer Gesellschaft tatsächlich was leisten für das Gemeinwohl, das sind doch Pflegerinnen, das sind auch Kindergärtnerinnen. Das heißt, wieso haben wir überhaupt erlaubt, dass sich jemand in Interview setzen darf und sagen kann, so Leistungsträger?! Ohne dass er da Widerspruch kriegt, Ohne dass wir gesagt haben: Was meinen Sie denn eigentlich damit? Im Moment kommt ständig diese Rhetorik von der arbeitenden Mitte, als würden die Leute, die arm sind, gerade nicht wahnsinnig viel arbeiten im Gesundheitssystem. Und trotzdem schaffen wir es irgendwie nicht, uns von diesem neoliberalen Gedankengut mal richtig offiziell zu verabschieden und zu sagen: Das hat nicht funktioniert. Wir haben das 40 Jahre lang gemacht, war eine nette Idee. Im Moment ist der Planet fast am Aussterben. Wir müssen irgendwie umdenken.
Susanne Klingner [00: 15:27] Kannst du erklären, was da im Gehirn passiert? Ist es die Hoffnung, dass man zu denen gehört, die nicht teilen müssen, sondern einfach nur haben?
Franca Parianen [00: 15:36] Auf jeden Fall. Ich meine, das sieht man ja auch in den USA, dass das als System benutzt wird. Also fast jeder geht irgendwie davon aus, ich könnte mal Millionär sein und deswegen muss ich jetzt schon darüber mir Gedanken machen, was die Erbschaftssteuer bedeuten würde. Und gleichzeitig mögen wir natürlich auch nicht Unrecht haben. Das heißt, je mehr wir investiert haben in eine Ideologie, desto stärker pushen wir die danach auch und desto schwerer finden wir, uns davon zu lösen. Das sieht man zum Beispiel auch bei Sekten. Wenn die zum Beispiel gesagt haben, an dem und dem Tag geht die Welt unter und dann geht die Welt gar nicht unter sollte man ja meinen, am nächsten Tag löst sich das einfach auf und die kommen nie wieder zusammen. Aber nein, die fangen dann auch aggressiver an, Leute zu missionieren, weil sie jetzt erst recht andere überzeugen müssen. Weil ich habe selbst schon so viel gegeben von meiner Lebenszeit, mein Geld und so, und wenn ich jetzt auch noch Unrecht habe, das wird so viel schlimmer. Also brauche ich irgendjemand anders, der mir bestätigt, dass ich recht habe. Das heißt, wir haben ganz große Schwierigkeiten damit, uns von dem zu lösen, wie wir es immer schon gemacht haben. Und manchmal würde es uns helfen vielleicht, wenn wir wieder einsehen, dass die Welt ja die ganze Zeit im Wandel ist. Wir haben so oft diese Perspektive von das Ende der Geschichte, als würde es sich eigentlich gar nicht mehr so richtig viel ändern, als wäre das jetzt der Jetzt-Zustand und es würde immer so bleiben. Aber eigentlich ganz viel von dem, was wir immer schon so gemacht haben, ist ja gar nicht so alt. Die konservative Kernfamilie ist zum Beispiel in der Mehrheit seit den 70er Jahren. Oder dass wir überhaupt diese ganze Aufteilung haben zwischen Familie wird von einer Person übernommen, die quasi alles stemmt. Die andere Person geht arbeiten. Das ist ja auch ein Modell aus den letzten 100 Jahren. Das können wir alles anders machen. Wir können darüber nachdenken, wie wir es lieber haben wollen. Und trotzdem haben wir uns so sehr eingeredet, dass wir immer fragen müssen, Ja, was ist wirklich notwendig? Und das Blöde ist, um uns vom Wandel zu überzeugen, muss der immer viel attraktiver sein als das, was wir gerade haben. So eine Tasse, die wir gerade für 5 € gekauft haben, geben wir danach höchstens für 8 € wieder her, weil jetzt gehört die uns ja schon. Das ist der Ist-Zustand und wir halten daran fest.
Susanne Klingner [00: 17:30] Wenn du sagst, es muss attraktiver sein, wie wäre denn so eine attraktive Vision, die Zweifler davon überzeugen würde, das Teil wirklich einfach sehr, sehr gut für die Menschheit und wahrscheinlich die Zukunft ist?
Franca Parianen [00: 17:44] Also ich würde sagen, dass wir auf jeden Fall wegkommen müssen von diesem Framing von Teilen als Großzügigkeit, weil, worüber wir vorhin geredet haben, diese Räuberleiter, das ist ja die Situation, wir schaffen zusammen Mehrwert und dann haben am Ende alle mehr. Und das ist eigentlich, wie Verteilung funktionieren sollte. Das heißt, wenn wir jetzt über Verteilung reden, sollte man nicht fragen wie viel sollen reiche Leute abgeben? Niemand von uns mag abgeben. Das ist etwas, was uns nicht besonders gut liegt. Wir haben dieses Geld verdient. Es war anstrengend, Wir haben hart gearbeitet. Und so weiter. Was wir stattdessen viel eher fragen sollten, ist die Frage: Wie kommt es eigentlich, dass wir gemeinsam als Unternehmen Mehrwert schaffen? Und dann gehen einige von uns mit Mindestlohn nach Hause und die anderen mit Millionen. Das ist ja eigentlich etwas, was gar nicht hinkommen dürfte. In unserem alten Modell hätten wir gesagt: Nö, danach würden die Leute nie wieder zusammenarbeiten und dann wäre es das gewesen. Aber weil wir unsere ökonomischen Zwänge haben, fällt es uns schwer, aus so einer Zusammenarbeit auszusteigen, obwohl es uns permanent unglücklich macht. Wenn wir zum Beispiel Menschen fragen: Was ist so der Lohnabstand, den ihr bereit seid zu tolerieren zwischen ungelernter Arbeitskraft und CEO, dann sagen manche Leute so das Doppelte, dass es in Dänemark, in Taiwan geht es bis zum 20-fachen. Ich glaube, in Deutschland war es so das 14-fache. Das heißt, wir können durchaus über ein gewisses Maß an Ungleichheit leben. Aber in jedem einzelnen Land, wo man gefragt hat, lag das tatsächliche Level weit, weit weiter drüber. Und das ist, wo es merkwürdig wird. Wir wissen doch, dass jemand nicht so gut und so viel produktiver sein kann als jemand anders in der Stunde. Und trotzdem haben wir diese Vorstellung, dass es normal ist, dass eine Person bei Walmart 8,50 € verdient und die andere ist die reichste Person der Welt.
Susanne Klingner [00: 19:21] Du hast ja vorhin schon kurz Corona erwähnt und tatsächlich war das ja eine Phase, wo noch mal ganz anders über Ungerechtigkeit und Gerechtigkeit nachgedacht wurde. Und du schreibst so schön, es bleibt dann am Ende beim Applaudieren. Warum nehmen wir das dann immer noch in Kauf? Also wo so deutlich wurde, die Leistungsträger unserer Gesellschaft, die wir eigentlich mit Anzügen assoziieren, sind ganz woanders, also zum Beispiel im Gesundheitssystem und eben in dem sozialen Bereich. Da ist dann trotzdem nicht so viel passiert.
Franca Parianen [00: 19:55] Ja, das ist echt schade, dass es so ist. Und es hat auch weiter zu tun mit dieser Rhetorik, die wir immer noch nicht aufgegeben haben. Also gerade jetzt, wenn wir solche Debatten haben, wofür wollen wir Geld ausgeben als Gemeinschaft? Was ist uns was wert? Dann haben wir immer diese Widersprüche von, das können wir uns nicht leisten 9 € Ticket quasi unbezahlbar. Wo soll denn das Geld herkommen? Dann beim nächsten Thema plötzlich 100 Milliarden. Doch klar, haben wir gefunden. Und ich sage gar nicht, dass das an sich falsch ist, wofür wir jetzt 100 oder 200 Milliarden gerade ausgeben. Aber diese Rhetorik haut doch nicht mehr hin. Dieses ständige sich hinsetzen und abwechselnd sagen, dafür ist kein Geld da. Und danach zu sagen: Oh doch, auf einem Schiff war noch ein paar Milliarden. Das kann doch irgendwie nicht mehr funktionieren. Und trotzdem reden wir noch so darüber. Wir reden zum Beispiel beim Gesundheitssystem oder bei der Bildung immer noch von Ausgaben. Deswegen haben wir jetzt gerade zum Beispiel die sprachliche Frühförderung gestrichen. Dabei sprachliche Frühförderung, eins von den Sachen, wo die Wissenschaft weiß, wie wichtig das ist und wo wir wissen, wie viel Return of Investment das bringt. Jeder Euro, den wir jetzt investieren, um Kinder zu unterstützen, um Familien zu unterstützen, zahlt sich 20-fach aus. Und trotzdem haben wir solche Sachen gekürzt und es gab keinen Aufschrei. Und Leute haben nicht gesagt: Nicht nur ist das unsozial, sondern es ist auch unwirtschaftlich. Und das ist das, was wir viel stärker betonen müssen. Das Gleiche mit dem Krankensystem, dass wir das die ganze Zeit zugrunde gehen lassen, das ist doch unwirtschaftlich. Wir sehen das doch gerade, dass es eben nicht funktioniert, für Länder weiter zu funktionieren, wenn das Gesundheitssystem zusammenbricht. Und trotzdem reden wir immer noch in diesem Großzügigkeit ausgeben. Das Gleiche beim Klimawandel. Wir wissen, wie viele Trillionen uns das einbringt, wenn wir uns an das Klimaabkommen halten. Und trotzdem fragen wir: Wie viel darf Klimaschutz kosten? Als ob das noch eine Frage wäre. Als gäbe es denn überhaupt noch Gelder auf einem nichtbelebbaren Planeten.
Susanne Klingner [00: 21:39] Aber weil's anstrengend ist oder weil es bedeuten würde, man muss sich hinsetzen, nachdenken, Pläne machen. Also alles anstrengender, als es so lassen, wie es ist. Das ist der schlichte Grund.
Franca Parianen [00: 21:50] Weil wir umdenken müssen und weil wir bei vielen Sachen halt ein bisschen vergessen haben, wie man die monetarisiert. Das ist ja das Problem. Die Maria Mazzucato schreibt das ganz toll, also die Ökonomin, die sagt das ganz viel von dem, was wir als Wert betrachten, betrachten wir im Sinne von wie viel sind Leute bereit, dafür zu bezahlen? Und es ist ja auch schwierig, andere Sachen zu gewichten. Was ist der Wert von sauberer Luft? Was ist der Wert von trinkbares Wasser? Aber deswegen kommen wir ständig in diese Sackgassen, wo wir plötzlich die Sachen aufrechnen, die wir zählen können, wo wir sagen, das sind Betriebskosten, das Böse. Aber was wir nirgendwo im System drin haben, sind diese ganzen Ausgaben für das, was es kostet, wenn wir unsere Umwelt zerstören. Das, was es kostet, wenn unsere Mitarbeiter krank und unproduktiv werden und gleichzeitig der Gewinn, den es uns bringt, die Care Arbeit. Das heißt, unser ganzes System hat viele von diesen Faktoren, die eigentlich das Leben lebenswert machen, nicht drin. Das sagt man ja auch. Das Bruttoinlandsprodukt misst alles, außer das, was das lebenswert macht.
Susanne Klingner [00: 22:47] Ja, ja, den Satz wollte ich auch gerade zitieren, weil du den auch im Buch hast und es tatsächlich so, also ganz klar, mach das. Also das BIP ist ja der Wert, der irgendwie unseren Wohlstand misst. Und dann haben wir noch dazu noch dieses Wachstumsdiktat sage ich ja. Also wenn wir nicht wachsen, dann gehen wir unter. Ist ja oft so das Szenario, wo ja eigentlich auch schon das Gegenteil bewiesen ist, das so eine Subsistenzwirtschaft, also sich selbst erhaltende Wirtschaft so eigentlich gut ist und reicht und man eben glücklicher ist am Ende.
Franca Parianen [00: 23:26] Ja, vor allem wenn wir bedenken, sobald wir anfangen würden, Gewinne fair aufzuteilen, könnten doch alle gut leben von den Gewinnen, die Unternehmen machen. Also überhaupt, dass es Leute gibt, die zwei oder drei Jobs haben. Wir sagen irgendwie: Oh, das wird jetzt wegrationalisiert, diese Arbeit. Und was soll dann werden mit der Digitalisierung? Wenn wir für den einen Job eine annähernd fairen Anteil kriegen würden von dem Gewinn, wär doch schon mal total viel erreicht. Und dann? Wofür muss ich denn diesen Gewinn machen? Für meine Aktionäre? Was bringt das denn?
Susanne Klingner [00: 23:52] Jetzt habe ich so das Gefühl, es ist zweigeteilt. Es ist einmal so, die Politik, die wir jetzt ja auch schon hatten, die sagen dann ne 9€-Ticket, total wahnsinnig, kann man niemals finanzieren. Dann hat man Unternehmensleitungen, die Gewinn machen wollen und dann hat man aber so den Normalbürger, der halt wahrscheinlich eher dazu neigen würde zu teilen, also auf einem solidarischen System. Also wenn man den fragt, wie würdest du es gerne haben – du hast ja sehr oft an vielen Stellen immer wieder die Spieltheorie drin, wo immer wieder ist Ja, Menschen teilen dann und teilen sehr gerne – wie überwindet man diese Diskrepanz? Also wie können wir, ich verorte uns jetzt einfach mal hier als eben die Bürgerinnen und Bürgern, wie können wir da was verändern in den politischen Entscheidungen, die nach dem alten Modell getroffen werden, in den Unternehmensentscheidungen, die auch nach dem alten Modell getroffen werden?
Franca Parianen [00: 24:46] Also erst mal können wir natürlich alles wieder stärker im Kontext von Zusammenarbeit sehen, uns verabschieden von irgendwelchen Großzügigkeitsframings. Die Sachen, wo Leute total sozial sind, zum Beispiel, das Spiel, das am allerbesten funktioniert, ist das Vertrauensspiel. Das heißt, ich habe Geld, ich überweise das eine Person, in deren Händen verdreifacht sich das Geld und dann ist die Frage gebe ich dir jetzt was zurück? Ökonomische Theorie würde sagen nein, weil ich habe ja keinen Anlass. Aber tatsächlich geben Menschen in diesem Spiel immer zurück und sie lassen sich auch viel weniger von Ausreden verführen, was wir normalerweise machen bei Großzügigkeit. Das heißt, wichtig ist erst mal, dass wir anfangen, Gelder stärker in diesem Zusammenarbeit Kontext zu sehen. Wenn wir zum Beispiel ein Unternehmen leiten, dann kann man vielleicht auch mal hinterfragen, Was habe ich denn eigentlich für Stellungnahmen von was glaube ich, wer wie viel Geld reinbringt und wer wie viel Geld verdient? Und ist das manchmal vielleicht auch ein bisschen komisch verfärbt? Also es ist nicht vielleicht so, dass Leute auf einem unteren Level den viel wichtigeren Job machen, als wir das einrechnen, Dass es ohne die manchmal gar nicht funktioniert. Und das allein schon im Blick zu haben, anstatt so eine ganz einfache Idee zu haben von na ja, nach Qualifikation entscheide ich, wer am Ende wie bezahlt wird, sondern auch wirklich zu fragen, was bringt jeder ein? Und würde das Unternehmen ohne diese Leute funktionieren?
Dann ist natürlich der Familien Kontext auch total wichtig. Wie teilen wir da die Care Arbeit auf? Hat zum Beispiel bei Corona gesehen, dass die Gruppe, die am allerstärksten von Politik und Menschheit enttäuscht ist, sind junge Frauen. Und vor allen Dingen junge Frauen mit Kindern, interessanterweise, deren Männer aber nicht. Und da fragt man sich schon, ob wir die gleiche Situation erlebt haben, wenn die einen dasitzen und sagen: nEs geht gar nicht mehr. Ich habe das komplette Vertrauen verloren, und die Männer sagen da geht eigentlich ganz gut. Klar, wir sind gut durchgekommen. Ja, und da kann man sich natürlich auch fragen Wie können wir das besser aufteilen? Was wir natürlich auch dringend brauchen, ist einfach, de Rechnung funktioniert nicht, dass wir Vollzeit arbeiten und gleichzeitig die Care Arbeit übernehmen, das geht einfach nicht. Deswegen müssen wir uns alle irgendwie fragen: Wie können alle Parteien, also die Männer und die Frauen, weniger arbeiten? Gibt es ja jetzt in ganz vielen Ländern diese Prinzipien, wo man gesagt hat vier Tage Woche, 25 % Reduktion der Arbeitszeit. Und auch wenn wir uns das gesundheitlich angucken, ist das tatsächlich viel besser. Herzgesundheit, Stress, gehen alles runter und trotzdem zögern wir immer noch sehr. Wie ist das jetzt meine Karriere? Will ich das machen? Und dann ist natürlich auch manchmal die Frage Was möchte ich einfach so teilen mit Menschen? Also für mich persönlich ist natürlich Wissen teilen immer total wichtig. Und das ist aber was, was wir ganz oft gar nicht sehen, obwohl das eigentlich was total schönes ist. Wir teilen Geschichten, wir erzählen uns, was wir teilen im Internet unsere Informationen, verbringen freiwillig Zeit auf so schrecklichen Plattformen wie Twitter, um da wichtige Informationen mitzuteilen und das mal wieder stärker zu betonen, dass ist eigentlich eine wahnsinnige soziale Fähigkeit ist. Wir sehen soziale Medien immer auch als das Schlimme, was es ist zum Teil, aber das auch mal zu sehen, als ganz viele Menschen, die sich Mühe geben, irgendwie Informationen auszutauschen und andere zu informieren und auf Trab zu halten. Das ist ja eigentlich auch was, was uns vielleicht mal wieder ein bisschen als Beweis taugen könnte, dass Menschen eigentlich sehr interessiert daran sind zu teilen. Und dann müssen wir natürlich Gemeinschaftstöpfe schaffen. Also. Ob wir da jetzt als Hausgemeinschaft Gegenstände teilen, die wir nicht besonders viel brauchen, ob wir Leihfahrräder benutzen. Letztendlich müssen wir Ressourcen schonen. Und das funktioniert am besten, wenn wir Sachen gemeinschaftlich nutzen.
Susanne Klingner [00: 28:06] Und dann aber um eben die dem Wunsch gegenüberstehend, ich mache noch mal diese Diskrepanz auf zwischen Politik, Unternehmensleitungen und uns oder den den Bürgern und Bürgerinnen. Da kann man ja dann auch wieder diese Solidarität und wir teilen uns, da wird es nicht so anstrengend ist, wie wenn einer dagegen demonstriert, demonstrieren wir alle zusammen dagegen. Also welche Möglichkeiten hat man? Demonstrieren, wählen gehen? Wie überzeugt man die Unternehmensleitung auch alle gemeinsam? Vier Tage Woche fordern oder enteignen?
Franca Parianen [00: 28:43] Enteignet! Ich denke natürlich aus der Berliner Perspektive. Ja, und da zum Beispiel die Wohnungsgenossenschaften finde ich so ein wahnsinnig gutes Beispiel. Es geht so einfach. Wir zahlen Miete, die Miete wird ausgegeben, um Wohnungen zu schaffen für Leute, die schön sind und die haben Solarpanele auf dem Dach bei uns im Viertel. Die einzigen die Solarpanele haben. Also Genossenschaftenmodelle fördern und da wo man es kann Genossenschaftsmodelle unterstützen. Was natürlich in Berlin nicht einfacher ist, weil man nimmt ja jede Wohnung, die man kriegen kann. Aber man kann sich dafür einsetzen, dass der Staat sagt: Nee, wir schaffen wieder mehr solche Modelle und wir fördern wieder mehr solche Modelle, wo Leute tatsächlich zusammenarbeiten. Und wie gesagt, Leute mit unsinniger Rhetorik nicht mehr durchkommen lassen.
Susanne Klingner [00: 29:21] Nachts nicht mehr durchkommen lassen heißt öffentlich machen, drauf hinweisen?
Franca Parianen [00: 29:25] Genau darauf hinweisen. Wen meinen Sie denn da? Was soll das heißen arbeitende Mitte? Was soll das heißen Leistungsträger? Und wie kommt diese Idee von Wir haben da kein Geld da? Sich nicht mehr abschrecken lassen von diesem: Wir haben kein Geld da. Wir entscheiden als Gesellschaft, was wir machen wollen und dann gucken wir, wo wir das Geld herkriegen. Aber es ist doch so, dass wir das immer nur fragen bei sozialen Sachen. Niemand fragt das bei anderen Themen. Aber bei sozialen Sachen müssen wir immer erst mal nachweisen, wie viel Geld da ist.
Katharina Alexander [00: 30:00] Wenn Du jetzt Lust hast, in die Unterhaltung einzusteigen, dann besuche uns auf der nächsten herCAREER-Expo in München und netzwerke zusammen mit tausenden Expert:innen aus den verschiedensten Branchen und Fachbereichen! Oder fange gleich von zuhause aus an, zum Beispiel über herCAREER-Network.com. Ob virtuell oder im „real life“: wir vernetzen Dich gern. Wenn Du gerade eine neue Herausforderung suchst, dann probiere unbedingt herCAREER-Jobmatch.com aus. Bei Fragen zum Podcast schreibe uns einfach eine Mail an podcast@her-career.com. Abonniere den herCAREER Voice Podcast auf Apple Podcasts, Spotify oder wo immer Du Deine Podcasts hörst und empfehle uns an Deine liebsten Kolleg:innen! Alle Episoden gebündelt findest Du zum Beispiel unter her-CAREER.com/podcast. Wir sind glücklich und stolz, dass Du ein Teil der herCAREER-Community bist. Danke, dass Du anderen zuhörst, um uns alle weiterzubringen. So klingt Female Empowerment.
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